I.2 Auswahl der Zeitschriften und Methodik

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Um für große Teile der weiblichen Bevölkerung der jeweiligen deutschen Staaten repräsentative Vorstellungen von Geschlechterrollen beschreiben zu können, wurden für diese Arbeit Frauenzeitschriften ausgewählt, die ein möglichst großes Publikum erreichten. Die NS Frauen-Warte hatte zu Kriegsbeginn 1939 eine Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren, die erste Ausgabe der Frau von heute erschien 1946 in einer Auflage von 300.000 Heften und auch die Constanze erreichte mit fast 500.000 Exemplaren im Jahr 1953[1] ein breites Publikum und war damit die auflagenstärkste westdeutsche Frauenzeitschrift dieser Zeit.

Der Untersuchungszeitraum beginnt im Jahr 1941, da sich der Zweite Weltkrieg durch den Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni und der Kriegserklärung Deutschlands am 11. Dezember 1941 an die USA nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbour weiter verschärfte. Es ist daher auch davon auszugehen, dass sich die NS Frauen-Warte verstärkt mit der Arbeit von Frauen in Rüstungsbetrieben befasste. Zudem liegt die NS Frauen-Warte ab diesem Jahrgang digitalisiert bei der Universitätsbibliothek Heidelberg vor, während sie in Nordrhein-Westfalen für die Jahrgänge 1939 und 1940 generell nicht vollständig nachgewiesen ist. Anhand einer thematischen Heftauswertung aller Jahrgänge der NS Frauen-Warte durch Annette Meyer zum Felde[2] wird zur Verdeutlichung des Geschlechterverständnisses der Zeitschrift jedoch auf eine Ausgabe der Zeitschrift zurückgegriffen, die im Jahr 1939 erschien und sich mit dem Themenschwerpunkt „Familie“ beschäftigte, sowie auf eine Ausgabe aus dem Jahr 1935, die sich ebenfalls mit dieser Thematik auseinandersetzte und die in der Universitätsbibliothek Heidelberg digitalisiert vorliegt.

Die Frau von heute ist in Bonn an zwei Standorten nachgewiesen. Die ersten Jahrgänge der Zeitschrift mit Ausnahme des Jahrgangs von 1947 sind im Depot des Hauses der Geschichte, die Jahrgänge von 1950 bis 1955 sind in der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung vorhanden. Der Umstand, dass der Jahrgang von 1947 in Bonn nicht nachgewiesen ist, ist für die Analyse der Zeitschrift nicht förderlich. Da ihr westdeutsches Pendant in dieser Arbeit jedoch erst ab 1948 erschien, wird die Aussagekraft des Vergleichs nicht entscheidend geschmälert.

Die Constanze ist in Bonn ebenfalls im Depot des Hauses der Geschichte nachgewiesen; dies bis zum Jahrgang 1956 jedoch nur in wenigen Heften. Für diese Arbeit wurden die Ausgaben der Jahre 1948 bis 1950 per Fernleihe von der Staatsbibliothek Berlin bezogen. Die Jahrgänge von 1951 bis 1955 sind im Zeitungs- und Pressearchiv der Universitäts- und Landesbibliothek Münster nachgewiesen und wurden dort ausgewertet.

Alle Jahrgänge der Zeitschriften wurden durch eine quantitative Inhaltsanalyse[3] in Bezug auf die Themen „Frau und Beruf“, „Ehe und Liebe“ und den Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit[4] sowie das Selbstverständnis der Zeitschriften ausgewertet. Dazu wurden alle verfügbaren Jahrgänge der Zeitschriften durchgesehen und jene Artikel, die sich den definierten Themenfeldern zuordnen lassen, tabellarisch erfasst und den jeweiligen Unterkapiteln der Arbeit zugewiesen. In diese Kategorien fallen 96 Artikel der NS Frauen-Warte, 184 Artikel der Frau von heute sowie 395 Artikel der Constanze. Diese wurden wiederum durch eine inhaltliche Interpretation der Artikel nach Aussagekraft gewichtet. Das Missverhältnis bei der Anzahl der Artikel ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Akzentuierungen der Zeitschriften in der Themenwahl. Während der Untersuchungszeitraum der NS Frauen-Warte im Vergleich zu den beiden anderen Zeitschriften kürzer ist, beschäftigte sich Die Frau von heute mit 68 Artikeln zum Oberthema „Frau und Beruf“ weitaus mehr mit der Berufstätigkeit von Frauen als die Constanze. Bezogen auf die Gesamtzahl der untersuchten Artikel für Die Frau von heute behandeln 37 Prozent der Artikel das Thema „Frau und Beruf“, während in der Constanze im Vergleichszeitraum 61 Artikel zu diesem Thema erschienen, was lediglich 15 Prozent an der Gesamtanzahl der Artikel ausmacht. In der Berichterstattung zum Oberthema „Ehe und Liebe“ erschienen im Untersuchungszeitraum in der Constanze 213 Artikel, was einen Anteil von 54 Prozent an allen untersuchten Artikeln darstellt. In der Frau von heute ließen sich 98 Artikel zu diesem Oberthema finden, was einen Anteil von 53 Prozent an allen Artikel ausmacht, bezogen auf die Unterkapitel ist dabei in der Frau von heute ein deutlicher Schwerpunkt auf das Thema „Frauenüberschuss“ festzumachen, dem sich 30 Artikel widmeten. Diese quantitative Inhaltsanalyse hat keine Aussagekraft über den qualitativen Inhalt der Artikel. Nichtsdestotrotz ließen sich durch das close-reading[5] aller Artikel in den Zeitschriften, also der sorgfältigen Interpretation der Texte, deutliche Positionen zu den Geschlechterrollen von erwerbstätigen Frauen als auch von Frauen als heterosexuelle Beziehungspartnerinnen finden.

 


 

[1] Vgl. Schwarz, Ingelene: Wesenszüge der modernen deutschen Frauenzeitschrift, Berlin 1956, S. 22.

[2] Meyer zum Felde, Annette: Die „N.S. Frauen-Warte“ – eine Zeitschrift im Spannungsfeld von Ideologie und Politik des Nationalsozialismus, München 1983.

[3] Siehe zur Methodik der quantitativen und qualitativen Inhaltsanalyse Wedl, Juliette, Herschinger, Eva, Gasteiger, Ludwig: Diskursforschung oder Inhaltsanalyse? Ähnlichkeiten, Differenzen und In-/Kompatibilitäten, in: Johannes Angermuller, Martin Nonhoff, Eva Herschinger et. al. (Hrsg.): Diskursforschung. Ein interdisziplinäres Handbuch, Band 1, Bielefeld 2014, S. 537-563.

[4] Dieser sollte ursprünglich ebenfalls untersucht werden, findet jedoch aus arbeitsökonomischen Gründen keinen Eingang in diese Arbeit.

[5] Kain, Patricia: How to Do a Close Reading, https://writingcenter.fas.harvard.edu/pages/how-do-close-reading (15.2.2016).